Als Wildbienen bezeichnet man sämtliche Bienenarten der Überfamilie Apoidea mit Ausnahme der Honigbienen und nicht etwa wildlebende Urformen oder verwilderte Stämme der Honigbiene. Der Begriff hat in der Biologie keinerlei systematische Relevanz, er trägt lediglich der Tatsache Rechnung, dass bei der umgangssprachlichen Bezeichnung Biene fast ausschließlich die bekannteste Bienenart, die Westliche Honigbiene gemeint ist. Um in Publikationen für die breite Öffentlichkeit, etwa Tipps zum Naturschutz, zu verdeutlichen, dass die gesamte Gruppe der Bienen gemeint ist und beispielsweise die Anlage von Nisthilfen nichts mit Bienenzucht im Sinne von Imkerei zu tun hat, wird deshalb meist der Terminus Wildbiene verwendet.
In der Zoologie war auch schon der Name Blumenwespen als Bezeichnung für diese Gruppe der Bienen geläufig. Damit drückte man die Ähnlichkeit mancher Bienengruppen, z.B. Maskenbienen oder Blutbienen mit den verwandten Grabwespen aus. Für größere, pelzigere Arten, etwa Pelzbienen oder Hummeln, ist diese Bezeichnung aber gar nicht passend. Inzwischen wird diese Benennung auch kaum noch verwendet.
Es gibt etwa 30.000 unterschiedliche Wildbienenarten auf der Erde, in Deutschland 555 Arten. Sie unterscheiden sich optisch oft nur in winzigen Merkmalen voneinander, sei es die Färbung oder Musterung der Insektenkörper. Die verschiedenen Arten zeigen Längen zwischen 1,3 Millimetern und drei Zentimetern. Gravierend verschieden sind hingegen die bevorzugten Nahrungspflanzen und Nistplatzanforderungen. Viele solitär lebende Wildbienen sind auf eine einzige Pflanzenart symbiotisch angewiesen. Wenn sie diese nicht mehr bestäuben, verschwindet unter Umständen auch die ganze Population dieser Pflanzenart.
Man kann die Wildbienenarten nach ihrer Lebensweise in drei Großgruppen einteilen.
Ein Honigbienenvolk besteht kontinuierlich über mehrere Jahre, ganz im Gegenteil zu den anderen sozialen Bienen, den Hummeln. Hier ist dieses Verhalten nur in einem bestimmtem Zeitraum, in der Vegetationszeit zu finden. Danach löst sich der Staat auf und alle Tiere sterben ab, bis auf die jungen, bereits begatteten Königinnen. Diese fliegen aus und suchen sich geschützte Verstecke zum Überwintern, um dann im nächsten Frühjahr wieder ein neues Volk zu gründen.
Die solitär lebenden Bienen, so genannte Einsiedlerbienen, sind jedoch die größte dieser drei Gruppen. Diese Bienen sind Einzelgänger und das Weibchen, das als Larve überwintert hat, kommt im Frühjahr des nächsten Jahres aus der alten Brutröhre heraus, um für Nachkommen zu sorgen. Da die Individuen dieser Arten nur wenige Wochen zu leben haben, beginnt das Weibchen nach der Paarung sofort mit dem Nestbau und mit der Sammlung von Nektar und Pollen. Die eingeholte Nahrung dient nur zu einem kleinen Teil der Deckung des eigenen Bedarfes. Vielmehr lagert die Biene die Nahrung in einer Brutzelle an, in die sie, wenn ausreichend Nektar und Pollen angesammelt sind, ein Ei ablegt. Daraufhin verschließt die Biene das Gelege mit einer Trennwand aus Lehm u.a., um im Folgenden weitere Brutröhren anzulegen. Dieses Verhalten wird als Brutfürsorge bezeichnet. Die später schlüpfende Larve kann sich dann von dem angesammelten Proviant ernähren und entwickelt sich weiter zur ausgewachsenen Biene.
Die dritte und letzte Gruppe sind die Kuckucksbienen. Ihren Namen haben sie deswegen, da sie anders als ihre Verwandten aus den vorherigen Gruppen, keine Nester bauen. Vielmehr haben sie sich darauf spezialisiert, fremde Nester für die Aufzucht ihrer eigenen Brut zu nutzen. Sie nutzen die Gelegenheit, wenn die Nestbauerin (meist eine Solitärbiene) gerade auf Pollensuche ist, aus und legen ihre Eier in die fremde Brutzelle, die schon teilweise mit Vorrat gefüllt ist. Nehmen die Schmarotzerbienen in einer Wirtspopulation überhand, so bricht diese im nächsten Jahr bei ungünstigen Verhältnissen zusammen, da nun die Anzahl der Schmarotzer die der Wirte übersteigt. Folgerichtig verschwinden dann auch alle Schmarotzer. Einzelne überlebende oder eingewanderte Solitärbienen bauen nach und nach von neuem eine Wirtspopulation auf, und bald ist auch wieder die Schmarotzerart zu finden. Interessanterweise bevorzugen Kuckucksbienen oft die gleichen Pflanzen als Nahrungsquellen wie ihr Wirt.
Wildbienen greifen von sich aus nie Menschen an. Während Honigbienen und manche Hummelarten in der Nähe des Nestes einen Störenfried gezielt angreifen und zu vertreiben versuchen, kommt es bei den anderen heimischen Bienen nur dann zu einem Stich, wenn sich die Weibchen individuell bedroht fühlen, z.B. wenn man die Tiere zwischen den Fingern drückt, mit bloßen Füßen auf sie tritt oder sie zwischen Bekleidung und Haut geraten. Man kann sich völlig gefahrlos selbst in großen Nestansammlungen aufhalten, wo Tausende von Weibchen dicht beieinander nisten.